Eine Reise zu, mit Dante Alighieri

Erste Begegnung – ich sehe auf Sardinien viele Schafe, dicht aneinander gedrängt unter einem schattenspendenden Olivenbaum. Noch in Italien werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Bild in der „Divina Commedia“ von Dante vorkommt; ich schlage das Werk mit den dreizehntausend Versen auf und erwische genau die Seite 3. Gesang Purgatorio.

Ich reise nach Zürich, erzähle dem damaligen Intendanten Reinhard Palm davon, er macht mir das Angebot die ganze „Göttliche Komödie“ am Schauspielhaus Zürich an 9 Abenden zu lesen. So begann ein aufregender Lesemarathon zu verschiedensten Orten. In immer wieder auch neuen Versionen.

Was mich an Dante so fasziniert ist das permanente unterwegs sein, auf der Reise, auf der Suche nach den letzten Fragen. Immer wieder werden Wege verfolgt, Flußläufe, Menschenschicksale. Nicht ohne Mitleiden, ohne Weinen, aber auch Verwerfungen, Verurteilungen kommen vor, wobei das Suchen nach Verständnis bestimmend ist.

Ein einziges Frage- und Antwortbuch sei die Divina Commedia, schreibt Osip Mandelstam. „Es ist undenkbar, Dantes Gesänge zu lesen, ohne sie in Gegenwart zu verwandeln. Sie sind dazu geschaffen. Sie sind Netze zum Einfangen der Zukunft.“ Der Dichter, der sich in der Hälfte des Lebens auf die Reise ins Innere, damals Jenseits - begibt und dabei eine wahre Liebesgeschichte entfaltet. Beatrice, die platonische Geliebte, wird zum Symbol der Weisheit. Gott ist ein Punkt im Auge von Beatrice. Was für ein Gedanke!

Ausgesucht für die dreiteilige Lesung habe ich aus dem Inferno den ersten und dritten Gesang, so kann man sich mit Dante auf die Reise begeben. Der fünfte Gesang erzählt von verbotener Liebe, vom Mitleiden und auch vom Lesen. „An diesem Tage lasen wir nicht weiter.“ Der sechsundzwanzigste Gesang, der dem Odysseus gilt, einer meiner liebsten Gesänge, weist auf die Sehnsucht hin, Grenzen zu überschreiten und den damit verbundenen Hochmut. Dann die beiden Paradiso- Gesänge eins und dreiunddreißig: Unsagbares sagen..... Leopold Ziegler: „Die Schwebe zwischen Himmel und Erde, die Schaukel ist der eigentliche Ort des existierenden Menschen.“

Dante Lesungen mit Verena Buss

Dantes "Göttliche Komödie" 

Jahreswechsel 2000/2001  in Peter Zumthors Therme in Vals, Graubünden

Dantes Divina Commedia

mit zwei Musikern

Theater Zürich, März 2010

Komposition: Damian Zangger

„ […] Sprachmalerei, Sprechmalerei. Unter der warm und herzlich timbrierten Stimme von Verena Buss, mit der sie kraftvoll moduliert, gewann Dantes „Hölle“ schärfste Konturen, als stünde man etwa vor einem Bild Hieronymus Boschs, das man Stück für Stück genau studiert – bloss hörte man es. Jede Silbe sitzt präzise im Raum, und aneinander gefügt weben sie sich selbst zu einem eng geknüpften Fliegenden Teppich, der den Zuhörer in die ungeheuren Welten der Dichtung trägt. Verena Buss gelingt ein intimes Meisterwerk. Nicht zuletzt darum, weil sie siebenhundertjährige Literatur für jedermann zugänglich und nutzbar macht am Ende des Jahrtausends.“

„Ein intimes Meisterwerk“ Tadeus Pfeifer, Basler Zeitung, 02. September 1999

Paradiso – Dante mit Quartett

Komposition: Sidney Corbett

Basel Gare du Nord –
Forum für Neue Musik, 2003

„ […] Die Schauspielerin Verena Buss, eine der grossen Stimmen des deutschsprachigen Theaters, beschäftigt sich nun schon seit Jahren mit Dantes „Divina Commedia“. Jetzt hat sie diese imaginäre Reise durch Fegefeuer, Hölle und Paradies erstmals mit Musik kombiniert, mit den Streichquartettklängen, die der in Deutschland lebende US-amerikanische Komponist Sidney Corbett geschrieben hat. Verena Buss und das Basler Tetra-Streichquartett (Marianne Aeschbacher, Egidius Streiff, Anna Spina, Tobias Moster) eröffneten den Musikbahnhof ohne Pomp, aber angemessen. „Paradiso“ ist der Titel dieses erstmals aufgeführten multimedialen Stücks von etwa fünfviertel Stunden Dauer, dessen bescheidene szenische Einrichtung Verena Buss selbst besorgte. Verena Buss gehört nicht zu jenen Schauspielerinnen, die ihre Stimme dramatisch inszenieren. Ihre Rede mutet eher gleichförmig an, die deutende Ausgestaltung spielt sich innerhalb von Nuancen ab, Extreme in der Dynamik und Tonhöhe werden vermieden, Verständlichkeit und natürlicher Duktus stehen im Zentrum. Diese Qualitäten waren eine Voraussetzung für die Kombination der Dante-Rezitation mit Musik. […] “

„Und dann und wann das sanfte Rollen eines Zuges“. Die "Gare du Nord" ist eröffnet: Ein neuer Ort(nicht nur)für die Neue Musik in Basel. Sigfried Schibli, Basler Zeitung, 2./3. März 2002